[...] In seinem Buch The Master Game nimmt Robert De Ropp scharfsichtige Analysen verschiedener Spiele vor, er weißt darauf hin, daß Lebenspiele Lebenziele widerspiegeln und daß die Spiele, die Menschen bewußt spielen, Rückschlüsse nicht nur auf ihren Typus, sondern auch auf den Grad ihrer inneren Entwicklung zulassen ... Wir können die Spiele in <Objekt>-Spiele und <Meta>-Spiele einteilen. Objektspiele kann man auffassen als Spiele zur Erlangung materieller Dinge , vor allem Geld und und der Objekte, die man für Geld kaufen kann. Metaspiele werden um immaterielle Werte gespielt, beispielsweise um Wissen und um das <Seelenheil. [...] Es hat als Endziel, daß wir unsere tiefste und ureigene Natur erkennen und mit ihr verschmelzen und daß wir aus eigener unmittelbarer Erfahrung zu der Erkenntnis kommen, daß diese Natur göttlich ist. Unterschiedliche Traditionen drücken diese Natur verschieden aus, doch der inhaltliche Kern ist der gleiche. [...] De Ropp schreibt weiter: Der allen großen Religionen zugrunde liegende Gedanke ist, daß der Mensch schläft, daß er in Träumen und Täuschungen lebt, daß er sich vom universalen Bewußtsein abgeschnitten ... und sich ins Schneckenhaus des persönlichen Ego zurückgezogen hat. Wieder hervorzukommen aus diesem Schneckenhaus, sich wieder ans universale Bewußsein anzuschließen, aus der Finsternis der ego- zentrierten Illusionen ins Licht des Nicht-Ego zu gelangen - dies war das wirkliche Ziel des Religions-Spiels, wie es die großen Lehrer vorpraktiziert haben, Jesus, Gautama, Krishna, Mahavira, Lao-tse und der Platoniker Sokrates. Dieses Wieder-Hervorkommen, diese Wiedervereinigung und Erleuchtung ist das Ziel des Meisterspiels. [...] De Ropp führt dazu aus: Es bleibt das anspruchvollste und schwierigste aller Spiele, und nur wenige in unserer Gesellschaft spielen es. Der zeitgenössische Mensch, hypnotisiert von seinem technischem Glitzerspielzeug, hat wenig Kontakt mit seiner Innenwelt; er befaßt sich mit dem Weltraum, nicht mit seinem Innenraum. Doch das Meisterspiel wird ausschließlich in der inneren Welt gespielt, einem riesigen und komplexen Gebiet, von dem der Mensch sehr wenig weiß. Das Ziel des Spieles besteht in der echten Erweckung, in der vollen Entwicklung der im Mensch schlummernden Kräfte. Gespielt werden kann es nur von Menschen, die durch Beobachtungen an sich selbst und anderen zu einem bestimmten Schluß gekommen sind, nämlich daß der normale Bewußtseins- zustand des Menschen, sein sogenannter Wachzustand, nicht die höchste Bewußtseinsstufe ist, derer er fähig ist. Dieser Zustand ist echter Erweckung vielmehr so fern, daß er mit Recht eine Art Somnambulismus genannt werden kann, ein Wachschlaf. [...] Wo ist nun der Bezug zum Schamanismus? Meine These lautet: Schamanen - jedenfalls ihre beste Vertreter - können die frühsten Vorläufer des Meisterspiel-Spielers gewesen sein. Wir könnten sagen, daß Schamanen das Meisterspiel so ausgiebig und so tief spielten, wie es ihnen im Rahmen ihrer Kultur und Zeit möglich war. Sie waren die ersten, die ihrer inneren Welt systematisch erforschten und kultivierten und ihre Einsichten, Bilder und Träume nutzbringend zum Besten ihrer Mitmenschen einsetzten. Zu sagen, manche Schamanen seien die << Ur >>-Meisterspieler gewesen [...], heißt nicht, sie als fleckenlose Heilige hinzustellen. [...] Und es heißt auch nicht - wie manchmal behauptet wird - , daß Techniken, Erfahrungen und Bewußtseinszustände der Urschamanen mit denen der Heiligen und Weisen späterer Jahrtausende identisch gewesen seien. Nein, das Meisterspiel scheint eine jahrtausende Evolution durchlaufen zu haben, in dialektischer Wechselbeziehung zur allgemeinen Evolution des menschlichen Bewußseins.
Typologie des Helden

Teil 2: Das Leben des Schamanen

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